Das Erbbaurecht spielt in der Praxis der Immobilienwirtschaft eine bedeutende Rolle. Für Immobilieninvestoren, Projektentwickler sowie für die öffentliche Hand wird es daher immer entscheidender sich mit dem Inhalt, der Gestaltung und den Rechtsfolgen eines Erbbaurechtes vertieft auseinanderzusetzen. Darüber hinaus sieht die Politik das Erbbaurecht vermehrt als „Instrument der strategischen Bodenpolitik in Deutschland“ mit der Folge an, dass insbesondere Kommunen größere Projektentwicklungen immer häufiger nur noch auf Grundlage von Erbbaurechten ausgeben.
Unsere Newsletter-Serie “Erbbaurecht kompakt” stellt Ihnen die wesentlichen Themen und Regelungen sowie die aktuelle Rechtsprechung rund um das Erbbaurecht vor. In unserem ersten Artikel stellen wir Ihnen die wichtigsten Grundlagen zum Erbbaurecht im Rahmen eines FAQs vor.
1. Was ist ein Erbbaurecht?
Das Erbbaurecht ist nach der gesetzlichen Definition gemäß § 1 Abs. 1 Erbbaurechtsgesetz das veräußerliche und vererbliche Recht, auf einem Grundstück ein Bauwerk zu errichten, zu unterhalten und zu nutzen. Möglich ist entweder die Übernahme eines Bestandsgebäudes oder die Neuerrichtung eines Gebäudes.
Durch die Begründung eines Erbbaurechtes wird das Eigentum an dem Grundstück und das Eigentum an dem darauf befindlichen Gebäude rechtlich voneinander getrennt. Das Erbbaurecht ermöglicht dem jeweiligen Berechtigten des Erbbaurechtes, sog. Erbbaurechtsnehmer oder Erbbauberechtigter, ein grundstücksgleiches Recht an einem Gebäude zu haben, ohne auch gleichzeitig Eigentümer des betreffenden Grundstücks zu sein.
2. Worauf kann ein Erbbaurecht bestellt werden?
Mit einem Erbbaurecht kann nur ein Grundstück im Ganzen belastet werden. Damit scheiden Grundstücksteilflächen, ideelle Grundstücksanteile sowie Teile eines Gebäudes als Belastungsgegenstand aus.
Soll das Erbbaurecht dagegen nur auf einem Teil eines Grundstückes lasten, so ist eine Grundstücksteilung im Rechtssinne (Vermessung, grundbuchliche Abschreibung und Vortragung als selbständiges Grundstück) notwendig. Von dem Belastungsgegenstand (rechtlich selbständiges Grundstück im Ganzen) ist dagegen der Rechtsinhalt (Bebauungsfläche, Nutzungsfläche) des Erbbaurechtes zu unterscheiden: Die Nutzungsbefugnis des Erbbaurechtes kann auch auf Nebenflächen (d.h. auch auf den für die Bauwerke nicht erforderlichen Teil) erstreckt werden.
Ferner besteht die Möglichkeit der Bestellung eines einheitlichen Erbbaurechtes auf mehreren selbständigen Grundstücken im Ganzen (sog. Gesamterbbaurecht). Die belasteten Grundstücke können hierbei auch im Eigentum verschiedener Personen, insbesondere auch (teilweise) des Erbbauberechtigten selbst stehen (sog. Eigentümererbbaurecht).
Schließlich kann ein Erbbaurecht an einem bereits bestehenden Erbbaurecht (sog. Untererbbaurecht) bestellt werden.
3. Welche Schritte sind zur Begründung eines Erbbaurechtes notwendig?
- Zur Bestellung eines Erbbaurechtes sind insbesondere die folgenden Schritte notwendig:
- Notarielle Beurkundung eines Erbbaurechtsvertrages
- Rangrücktrittserklärungen der im Grundbuch in Abteilung II und III eingetragenen Begünstigten
Ggf. Zustimmung weiterer BerechtigterUnter Umständen sind Zustimmungen von finanzierenden Banken und sonstigen Dritten (z.B. unter Mietverträgen, Nachbarvereinbarungen, Verträgen mit Gemeinden) oder die Einholung von behördlichen Genehmigungen (z.B. sofern das Grundstück in Umlegungsgebieten oder Sanierungsgebieten liegt) erforderlich.
- Eintragung des Erbbaurechtes im (Grundstücks-)Grundbuch
- Errichtung eines gesonderten Erbbaugrundbuches
4. Warum sind Rangrücktrittserklärungen notwendig?
Ein Erbbaurecht kann grundsätzlich aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nur wirksam zur Eintragung gelangen und entstehen, wenn es im Grundbuch die erste Rangstelle erhält (§ 10 Abs. 1 S. 1 Erbbaurechtsgesetz). Unzulässig ist eine Eintragung im Nachrang oder eine Eintragung im Gleichrang zu einem anderen Recht. Diese Vorschrift stellt sicher, dass im Falle der Zwangsversteigerung des Grundstückes das Erbbaurecht aufgrund der erstrangigen Eintragung bestehen bleibt.
Durch Rechtsverordnung können Landesregierungen allerdings bestimmen, dass von dem Erfordernis der ersten Rangstelle abgewichen werden kann, wenn nachrangige Eintragungen für die vorhergehenden Berechtigten und den Bestand des Erbbaurechtes unschädlich sind. Neben Baden-Württemberg haben die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen sowie Sachsen entsprechende Rechtsverordnungen erlassen. In der Praxis bleibt das nachrangige Erbbaurecht jedoch die Ausnahme.
Ist das mit dem Erbbaurecht zu belastende Grundstück bereits mit sonstigen Rechten in Abteilung II und III des Grundbuches belastet, sind grundsätzlich Rangrücktrittserklärungen der jeweiligen Berechtigten erforderlich. Die Rangrücktrittserklärungen müssen dabei vor der Eintragung des Erbbaurechtes vorliegen.
5. Warum ist ein gesondertes Erbbaugrundbuch erforderlich?
Das Grundstücksgrundbuch ist maßgeblich für die Entstehung, den Bestand, die Laufzeit und die (dinglichen) Verlängerungsoptionen eines Erbbaurechtes. Das Erbbaugrundbuch ist demgegenüber für den übrigen Inhalt eines Erbbaurechtes erforderlich, insbesondere für die Inhaberschaft und die Ausgestaltung im Einzelnen (Beschränkungen, Belastungen).
Ein Erbbaurecht kann mit jedem dinglichen Recht belastet werden, das auch an einem Grundstück bestellt werden kann (bspw. Dienstbarkeiten, Vorkaufsrechte und Grundschulden). Die entsprechenden Belastungen werden in Abteilung II bzw. Abteilung III des Erbbaugrundbuches eingetragen.
6. Was ist der Erbbauzins?
Der Erbbauzins ist eine wiederkehrende entgeltliche Gegenleistung für die Nutzung des Erbbaurechtes. Die Höhe des Erbbauzinses steht dabei im freien Ermessen der Beteiligten, häufig wird sich an einem bestimmten Prozentsatz des Bodenwertes zum Zeitpunkt der Erbbaurechtsbestellung orientiert. Die entsprechende Wertsicherung erfolgt dabei regelmäßig anhand des Verbraucherpreisindexes für Deutschland.
Zur Absicherung des Grundstückseigentümers sollte der Erbbauzins sowie etwaige Anpassungsbeträge infolge der Wertsicherung grundbuchlich in Form einer Erbbauzinsreallast gesichert werden.
7. Welche Laufzeit hat ein Erbbaurecht?
Es bestehen keine gesetzlichen Vorgaben über Mindest- und Maximallaufzeit. In der Praxis werden Erbbaurechtsverträge üblicherweise für bis zu 99 Jahre abgeschlossen. Erbbaurechtsverträge können jedoch im Anschluss beliebig oft verlängert oder erneuert werden, wobei eine entsprechende grundbuchliche Absicherung zu empfehlen ist. Eine auflösende Bedingung oder Befristung mit ungewissem Endtermin ist dagegen nicht möglich.
8. Was geschieht nach Zeitablauf?
Bei Beendigung eines Erbbaurechtes durch Zeitablauf erlischt das Erbbaurecht. Das vorhandene Bauwerk wird Bestandteil des Erbbaugrundstückes, so dass dem jeweiligen Grundstückseigentümer sowohl das Eigentum an dem Gebäude als auch das Eigentum an dem Grundstück zusteht. Im Gegenzug hat der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten abhängig von den vertraglichen Regelungen eine Entschädigung für das Gebäude zu leisten.
Der Grundstückseigentümer kann seine Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung dadurch abwenden, dass er dem Erbbauberechtigten das Erbbaurecht vor dessen Ablauf für die voraussichtliche Standdauer des Gebäudes verlängert; lehnt der Erbbauberechtigte die Verlängerung ab, so erlischt der Anspruch auf Entschädigung und das Gebäude geht entschädigungslos in das Eigentum des Grundstückseigentümers über.
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