BAG: „Spätehenklauseln“ in betrieblichen Pensionsregelungen sind unwirksam

McDermott Will & Emery
Contact

Sog. „Spätehenklauseln“, nach denen der Ehegatte den versorgungsberechtigten Mitarbeiter vor dessen 60. Lebensjahr geehelicht haben muss, um einen Anspruch auf die Witwen- bzw. Witwerrente zu erwerben, stellen eine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters im Sinne von § 7 Abs. 2 AGG dar und sind deshalb unwirksam. Dies hat das BAG mit Urteil vom 4. August 2015 (Az.: 3 AZR 137/13) entschieden.

Klägerin war die Witwe eines im April 1947 geborenen und im Dezember 2012 verstorbenen ehemaligen Mitarbeiters der Beklagten. Dem Verstorbenen waren Leistungen in der betrieblichen Altersversorgung, u. a. auch eine Witwenversorgung, zugesagt worden. Die streitentgegenständliche Pensionsregelung enthielt eine sog. „Spätehenklausel“, nach welcher zusätzliche Voraussetzung für die Zahlung der Witwen- bzw. Witwerrente die Eheschließung vor Vollendung des 60. Lebensjahres war. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Verstorbenen war jedoch erst im August 2008 geschlossen worden. Zu diesem Zeitpunkt war der Verstorbene bereits 61 Jahre als, sodass die vertraglichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente nicht erfüllt waren. Aus diesem Grund verweigerte die Beklagte die Zahlung der Witwenrente an die Klägerin.

Nachdem die Klägerin in beiden Vorinstanzen mit ihrer Klage gescheitert war, hatte sie nunmehr vor dem BAG Erfolg. Danach hat die Klägerin gegen die Beklagte aus der Versorgungszusage einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Witwenrente. Das BAG hielt die vereinbarte „Spätehenklausel“ nach § 7 Abs. 2 AGG für unwirksam. Der Verstorbene sei durch die „Spätehenklausel“ unmittelbar wegen seines Alters benachteiligt worden. Diese Benachteiligung könne auch weder in direkter noch in analoger Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 3 AGG gerechtfertigt werden. Danach sind Unterscheidungen nach dem Alter bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit unter erleichterten Voraussetzungen zulässig. Von dieser Vorschrift erfasst seien allerdings dem BAG zufolge lediglich die Alters- und Invaliditätsversorgung, nicht aber die Hinterbliebenenversorgung und damit auch nicht die zugesagte Witwenrente im streitigen Fall. Auch die Voraussetzungen einer Rechtfertigung der unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 Satz 1 und 2 AGG lägen nicht vor, da die „Spätehenklausel“ führe zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer. Im Ergebnis sei die Klausel deshalb unwirksam.

 

DISCLAIMER: Because of the generality of this update, the information provided herein may not be applicable in all situations and should not be acted upon without specific legal advice based on particular situations. Attorney Advertising.

© McDermott Will & Emery

Written by:

McDermott Will & Emery
Contact
more
less

PUBLISH YOUR CONTENT ON JD SUPRA NOW

  • Increased visibility
  • Actionable analytics
  • Ongoing guidance

McDermott Will & Emery on:

Reporters on Deadline

"My best business intelligence, in one easy email…"

Your first step to building a free, personalized, morning email brief covering pertinent authors and topics on JD Supra:
*By using the service, you signify your acceptance of JD Supra's Privacy Policy.
Custom Email Digest
- hide
- hide