Zusammenfassung der Pressemitteilung zum BGH Urteil vom 18. Januar 2023 (IV ZR 465/21) zum Thema Zahlungspflicht der Betriebsschließungsversicherungen bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen.
Nachdem der IV. Zivilsenat vergangenen Januar bereits eine Entscheidung zur Zahlungspflicht von Betriebsschließungsversicherungen bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen (siehe dazu auch unseren Blogbeitrag vom 27. März 2022) getroffen und eine Leistungspflicht der Versicherungen verneint hat, sofern die entsprechende Krankheit oder die Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen nicht genannt werden, schaffte er nun erneut Klarheit, inwieweit Versicherer von Betriebsschließungsversicherungen in der Pandemie zur Zahlung verpflichtet sind.
Kurz zum Hintergrund
Mit Allgemeinverfügung vom 18. März 2020 untersagte der zuständige Landkreis unter anderem Betreibern von Beherbergungsstätten, Personen zu touristischen Zwecken zu beherbergen. Nach vorübergehender Lockerung der Maßnahmen war es Betreibern von Beherbergungsstätten durch die am 2. November 2020 in Kraft getretene Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 30. Oktober 2020 erneut untersagt, Übernachtungsangebote zu unterbreiten und Übernachtungen zu touristischen Zwecken zu gestatten. Die Klägerin bot daraufhin in der Zeit vom 18. März bis zum 25. Mai 2020 und ab dem 2. November 2020 keine Beherbergung zu touristischen Zwecken an.
Die Klägerin begehrte Entschädigungsleistungen für die Zeit vom 18. März bis zum 25. Mai 2020 sowie die Feststellung, dass der Versicherer verpflichtet ist, ihr den aus der erneuten Schließung ab dem 2. November 2020 entstandenen Schaden zu ersetzen.
Die Klägerin gewann in der ersten, unterlag jedoch hinsichtlich der Zahlungsklage in der zweiten Instanz. Die Revision wurde im Hinblick auf die abweichende Auffassung der Oberlandesgerichte Schleswig (Urteil vom 10. Mai 2021 – 16 U 25/21) und Hamburg (Urteil vom 16. Juli 2021 – 9 U 199/20) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.
Zu den konkreten Versicherungsbedingungen
Im gegenständlichen Fall lagen dem Versicherungsvertrag die „Bedingungen für die Betriebsschließungs-Pauschalversicherung Gewerbe (BBSG 19)“ zugrunde. Nach Ziff. 8.1 BBSG 19 ersetzt der Versicherer dem Versicherungsnehmer im Falle einer bedingungsgemäßen Betriebsschließung den entgehenden Gewinn und fortlaufende Kosten bis zum Ablauf der vereinbarten Haftzeit.
Die BBSG 19 lauten auszugsweise:
"3. Versicherte Gefahren und Schäden
3.1 Behördliche Anordnungen zu Schließung, Desinfektion und Tätigkeitsverboten
Der Versicherer leistet … Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Infektionsschutzgesetzes beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Ziffer 3.4)
3.1.1 den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen nach Ziffer 3.4 ganz oder teilweise schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebs oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt (Schließung); […]
3.4 Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger
Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger, ausgenommen sind jedoch humane spongiforme Enzephalopathien nach § 6 (1) 1. d) IfSG."
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der BGH folgt mit dieser Entscheidung seiner Linie aus dem im Januar 2022 gefällten Urteil: Eine Entschädigung der Betriebsschließungsversicherung kann nur dann gefordert werden, wenn die Krankheiten und Krankheitserreger im IfSG, auf das in den Versicherungsbedingungen Bezug genommen wird, namentlich genannt werden. Dies war jedoch erst im zweiten Lockdown der Fall.
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