COVID-19: Hauptversammlungen in der COVID-19-Krise

Latham & Watkins LLPIn Zeiten des grassierenden Corona-Virus müssen insbesondere börsennotierte Gesellschaften im Hinblick auf ihre anstehende ordentliche Hauptversammlung 2020 reagieren.

Key Points:

  • Die ordentliche Hauptversammlung einer börsennotierten Gesellschaft hat grundsätzlich innerhalb der ersten acht bzw. (bei Europäischen Aktiengesellschaften) sechs Monate eines Geschäftsjahres stattzufinden.
  • Soweit Versammlungen ganz oder ab einer bestimmten Teilnehmerzahl ordnungsrechtlich untersagt sind, müssen diese verschoben werden. Dies gilt aktuell und vorbehaltlich länger laufender lokaler Veranstaltungsverbote jedenfalls für solche Gesellschaften, deren HV-Termin für März oder April 2020 terminiert war. Eine solche Verschiebung stellt keine Pflichtverletzung dar. Gesellschaften mit einem späteren HV-Termin können und sollten derzeit noch abwarten, da eine Absage auch kurzfristig erfolgen kann.
  • Es genügt regelmäßig, die Absage der Hauptversammlung per Pressemitteilung zu kommunizieren. Eine Ad-hoc-Mitteilung ist nur in Ausnahmefällen erforderlich.
  • Gesellschaften, die von einem Veranstaltungsverbot betroffen sind, sollten sich möglichst um einen Ausweichtermin bemühen, der noch innerhalb der gesetzlichen Regelfrist von acht bzw. sechs Monaten liegt. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen (oder jetzt schon feststehen), dass die Versammlung auch innerhalb dieser Frist nicht abgehalten werden kann, sollte die Fristüberschreitung möglichst kurz gehalten werden, wobei organisatorische Erwägungen bei der Terminierung aber berücksichtigt werden dürfen.
  • Soweit Hauptversammlungen (wieder) durchgeführt werden können, sollten Gesellschaften von sämtlichen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten Gebrauch machen, um das Infektionsrisiko für Aktionäre, Gäste und Mitarbeiter möglichst gering zu halten.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Krise und der verhängten vollständigen bzw. ab einer bestimmten Teilnehmerzahl eingreifenden Verbote von Versammlungen haben zahlreiche Gesellschaften, darunter so prominente Namen wie die Deutsche Telekom AG, die Continental AG oder die BASF AG, ihre ordentlichen Hauptversammlungen 2020 bereits auf einen noch unbestimmten späteren Zeitpunkt verschoben. Zwar hat die überwiegende Zahl der Gesellschaften ihre Hauptversammlung erst auf einen Zeitpunkt im Mai 2020 oder einen noch späteren Zeitpunkt terminiert. Auch diese müssen sich aber rechtzeitig damit befassen, wie auf die vermutlich fortbestehenden Einschränkungen reagiert werden kann und muss.

Rechtliche Situation und Handlungsmöglichkeiten

Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien sollen ihre ordentliche Hauptversammlung grundsätzlich innerhalb der ersten acht Monate eines Geschäftsjahres abhalten. Für Europäische Aktiengesellschaften beträgt diese Frist lediglich sechs Monate. Die Durchführung der Hauptversammlung ist insbesondere für die Auszahlung der Dividende für das Geschäftsjahr 2019 unabdingbar.

Soweit allerdings – wie aktuell bundesweit der Fall – Versammlungen ganz oder ab einer bestimmten Teilnehmerzahl ordnungsrechtlich untersagt sind, kommt eine Durchführung der ordentlichen Hauptversammlung für die meisten Gesellschaften nicht in Betracht. Eine reine Online-HV ist nach geltendem Recht nicht zulässig.

Absage/Verschiebung der Hauptversammlung

Bis zu dem Zeitpunkt, in dem sich die Aktionäre nach veröffentlichtem Veranstaltungsbeginn im Versammlungsraum eingefunden haben, ist der Vorstand berechtigt und ggf. verpflichtet, die Hauptversammlung abzusagen und auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Gesellschaften, die ihre Hauptversammlung für den Mai oder Juni 2020 terminiert haben, müssen daher – vorbehaltlich bereits verhängter, länger laufender Veranstaltungsverbote – gegenwärtig noch nicht zwingend reagieren. In jedem Fall sollte sichergestellt werden, dass ein Ausweichtermin innerhalb der gesetzlichen Fristen von acht bzw. sechs Monaten reserviert wird und alle organisatorischen Maßnahmen – inkl. der Anmietung entsprechender Räumlichkeiten – getroffen werden. Eine Überschreitung der gesetzlichen Regelfristen sollte erst dann in Kauf genommen werden, wenn nicht mehr damit zu rechnen ist, dass die Hauptversammlung innerhalb dieser Fristen durchgeführt werden kann. Diese Fristüberschreitung sollte möglichst kurz gehalten werden. Allerdings ist es zulässig, organisatorische Umstände (z.B. die Verfügbarkeit eines geeigneten Versammlungsraums und die weitgehende Vermeidung terminlicher Kollisionen mit anderen Hauptversammlungen) bei der Terminierung zu berücksichtigen.

Grundsätzlich ist es ausreichend, aber auch erforderlich, die Absage der Hauptversammlung per Pressemitteilung bekannt zu machen. Einer ergänzenden Veröffentlichung im Bundesanzeiger bedarf es nicht zwingend. Die Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung dürfte allenfalls dann erforderlich sein, wenn Tagesordnungspunkte zur Beschlussfassung anstehen sollten, die ihrerseits Ad-hoc-Relevanz besaßen.

Sollte eine Verschiebung über die gesetzlichen Regelfristen hinaus erforderlich werden, liegt in der Fristüberschreitung keine Pflichtverletzung des Vorstands. Aktionäre können daher insbesondere mit Blick auf die spätere Dividendenzahlung keine Ersatzansprüche geltend machen.

Schutzmaßnahmen bei späterer Durchführung der Hauptversammlung

Wenn zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr die zuvor verschobenen Hauptversammlungen durchgeführt werden, sollte angesichts der vermutlich nach wie vor bestehenden Infektionsgefahr alles dafür getan werden, das Infektionsrisiko für Aktionäre, Gäste und Mitarbeiter während der Hauptversammlung gering zu halten. Sinnvolle Schutzmaßnahmen sind z.B.

  • Aufforderung der Aktionäre, auf die persönliche Teilnahme zu verzichten und stattdessen auf die Möglichkeit der Bevollmächtigung (z.B. des Stimmrechtsvertreters der Gesellschaft), der Briefwahl oder ggf. der Online-Teilnahme zurückzugreifen
  • Verzicht auf Verpflegung (aus Hygienegründen und als Maßnahme zur Reduzierung der Teilnehmerzahl)
  • Bereitstellung von ausreichenden Hygienevorrichtungen (z.B. kontaktlosen Desinfektionsmittelspendern)
  • Regelmäßige und häufigere Reinigung der WC-Anlagen sowie der Türgriffe, Rolltreppenläufe, des Rednerpults etc.
  • Möglichst weitgehende Verringerung des eingesetzten Personals
  • Trennung von Aktionären und Personal insbesondere im Bereich der Ein- und Auslasskontrolle (z.B. durch Aufstellung von transparenten Trennwänden mit Durchreiche)

Weitere Auswirkungen

Die COVID-19-Krise wird bei vielen Gesellschaften erhebliche Auswirkungen auf ihre Umsatz- und Ergebnisentwicklung im Geschäftsjahr 2020. Neben der Prüfung, ob eine Anpassung der Prognose für das laufende Geschäftsjahr erforderlich ist, sollten Gesellschaften daher ebenfalls prüfen, ob der Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr 2019 angepasst bzw. geändert werden sollte, um ggf. in näherer Zukunft erforderliche Liquidität im Unternehmen zu halten und nicht an die Aktionäre auszuschütten. Im Falle einer nachträglichen Änderung des Gewinnverwendungs-vorschlags bzw. einer Abweichung von der kommunizierten Dividendenpolitik wird die Veröffentlichung einer solchen Maßnahme regelmäßig in Form einer Ad-hoc-Mitteilung zu erfolgen haben.

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