COVID-19-Krise: Deutschland erleichtert Zugang zu Kurzarbeitergeld

Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP

Der Bundestag hat am 13. März 2020 das "Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld" in einem Schnellverfahren verabschiedet, das den Unternehmen den Zugang zu Kurzarbeitergeld in Krisenzeiten erleichtert.

Was genau ist Kurzarbeit?

  • Unter Kurzarbeit versteht man die vorübergehende Verkürzung der Arbeitszeit zur Senkung der Lohnkosten.
  • Bei Kurzarbeit erhalten Arbeitnehmer entsprechend ihrer reduzierten Arbeitszeit eine entsprechend geringere Vergütung. Mit Kurzarbeit lassen sich daher Lohnkosten erheblich senken.
  • Es ist auch möglich, die Arbeitszeit vollständig zu reduzieren ("Kurzarbeit Null"), was zu einer vollständigen Suspendierung des Vergütungsanspruchs führt.
  • Der Entgeltausfall wird auf Antrag (zum Teil) durch Kurzarbeitergeld der Agentur für Arbeit ausgeglichen.

Welche neuen Regelungen für Kurzarbeit gelten angesichts der Coronavirus-Krise?

  • Der Bundestag hat die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld in Krisenzeiten durch das "Gesetz zur vorübergehenden krisenbedingten Verbesserung der Regelungen zum Kurzarbeitergeld" vom 13. März 2020 erleichtert und die Bundesregierung ermächtigt, für den Fall außergewöhnlicher Verhältnisse die Erleichterungen durch Rechtsverordnung umzusetzen.
  • Die Änderungen wurden von der Bundesregierung am 16. März 2020 per Rechtsverordnung umgesetzt. Die neuen Regelungen werden rückwirkend ab dem 1. März 2020 gelten und sind befristet bis zum 31. Dezember 2020.
  • Für den Bezug von Kurzarbeitergeld gelten danach folgende Voraussetzungen:

    • Das Unternehmen muss einen erheblichen Arbeitsausfall erleiden, entweder aus wirtschaftlichen Gründen oder aufgrund eines unvermeidbaren Ereignisses. Die Bundesagentur für Arbeit hat bereits klargestellt, dass ein Arbeitsausfall aufgrund des Coronavirus-Ausbruchs als solches Ereignis gilt, so dass davon auszugehen ist, dass die örtlichen Agenturen für Arbeit dies ebenso akzeptieren werden. Das kann zum Beispiel der Fall sein, weil aufgrund der Coronavirus-Krise Lieferungen ausbleiben, Aufträge entfallen oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorübergehend geschlossen wird.
    • Außerdem muss der Arbeitsausfall vorübergehend und unvermeidbar sein. Der Arbeitgeber muss versuchen, alle ihm zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den Arbeitsausfall zu verhindern. Vor der Gesetzesänderung musste der Arbeitgeber die Arbeitszeitverkürzung vorranging durch die Nutzung von Arbeitszeitkonten ausgleichen. Das ist nun nicht mehr erforderlich.
    • Schließlich müssen mehr als 10 % der im Betrieb oder der Abteilung beschäftigten Arbeitnehmer von einem Lohnausfall von mehr als 10 % ihres Gehalts im jeweiligen Kalendermonat betroffen sein. Vor der Gesetzesänderung lag das Quorum bei einem Drittel der Arbeitnehmer.
    • Darüber hinaus erstattet die Bundesagentur für Arbeit dem Arbeitgeber alle auf das Kurzarbeitergeld entfallende Sozialversicherungsbeiträge. Bisher musste der Arbeitgeber den Arbeitgeberanteil selbst tragen.
    • Auch Leiharbeiternehmer sollen künftig Kurzarbeitergeld beziehen können.

Wie kann Kurzarbeit im Unternehmen umgesetzt werden?

  • Eine einseitige Anordnung von Kurzarbeit durch den Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht möglich. Vielmehr muss sie auf der Grundlage eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder, falls kein Betriebsrat vorhanden ist, einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer erfolgen, etwa im Arbeitsvertrag oder in einer Zusatzvereinbarung.
  • Da Kurzarbeit jedoch die letzte Möglichkeit zur Aufrechterhaltung des Betriebes sein kann, kann sie unter bestimmten Voraussetzungen auch über eine Änderungskündigung durchgesetzt werden.
  • Wenn ein Betriebsrat besteht, ist dieser vor der Einführung von Kurzarbeit zwingend zu beteiligen.

Wie wird das Kurzarbeitergeld berechnet?

  • Der (teilweise) Vergütungsausfall wird auf Antrag durch Kurzarbeitergeld der Agentur für Arbeit in Höhe von 60 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts (Nettoentgeltdifferenz) bzw. in Höhe von 67 % bei Arbeitnehmern mit mindestens einem unterhaltsberechtigten Kind ausgeglichen. Die Nettoentgeltdifferenz ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Netto-Sollentgelt (Nettoeinkommen ohne Kurzarbeit) und dem Netto-Istentgelt (tatsächliches Nettoeinkommen bei Kurzarbeit) des Monats, in dem der Arbeitsausfall erfolgt ist.
  • Die Höhe des Kurzarbeitergeldes wird für jeden Arbeitnehmer individuell berechnet. Zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes wird das Sollentgelt nur bis zur Höhe der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze herangezogen. Diese beträgt für 2020 EUR 6.900,00 brutto (West) und EUR 6.450,00 brutto (Ost) pro Monat, sodass das Kurzarbeitergeld 2020 eine Summe von EUR 4.623,00 (67%) (Ost: EUR 4.321,50) nicht überschreiten kann.
  • Arbeitgeber können aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen zu Aufstockungszahlungen auf das Kurzarbeitergeld verpflichtet sein.

Wie lange wird Kurzarbeitergeld gezahlt?

  • Die maximale Bezugsdauer beträgt derzeit zwölf Monate. Sie kann vom Bundesarbeitsministerium durch Rechtsverordnung auf bis zu 24 Monate verlängert werden.

Welche Fristen sind zu beachten?

  • Der Antrag auf Kurzarbeitergeld ist innerhalb von drei Monaten zu stellen.
  • Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats, für den das Kurzarbeitergeld beantragt wird.

Wie wird Kurzarbeitergeld beantragt und ausgezahlt?

Schritt 1 – Anzeige des Arbeitsausfalls

  • Der Arbeitsausfall muss der örtlichen Agentur für Arbeit (zuständig ist die Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat) durch Antrag entweder schriftlich oder per Telefax/E-Mail (eingescannt mit Unterschrift) zunächst mit diesem Formular angezeigt werden: https://www.arbeitsagentur.de/datei/anzeige-kug101_ba013134.pdf.
  • In diesem Formular müssen die Ursachen des Arbeitsausfalls begründet werden. Sollte eine Betriebsvereinbarung zu Kurzarbeit vorliegen, ist sie dem Antrag beizufügen. Sollte die Kurzarbeit auf einer anderen Rechtsgrundlage beruhen (z.B. Arbeitsvertrag), so ist sie in Kopie beizufügen.

Schritt 2 – Berechnung des Kurzarbeitergeldes

Schritt 3 – Beantragung des Kurzarbeitergeldes bei der Agentur für Arbeit

  • Sobald die Agentur für Arbeit die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld bestätigt hat, kann die Erstattung des Kurzarbeitergeldes mit folgendem Antragsformular beantragt werden: https://www.arbeitsagentur.de/datei/antrag-kug107_ba015344.pdf. Dem Antrag beizufügen ist folgende Anlage: https://www.arbeitsagentur.de/datei/kug108_ba013010.pdf.
  • Für den Antrag gilt eine Ausschlussfrist von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Kalendermonats, für den das Kurzarbeitergeld beantragt wird. Geht der Antrag zu spät ein, können Leistungen ohne Rücksicht auf die Gründe des Fristversäumnisses nicht mehr gewährt werden.
  • Nach Antragstellung erstattet die Agentur für Arbeit dem Arbeitgeber das von ihm ausgezahlte Kurzarbeitergeld.

Bitte wenden Sie sich für weitere Informationen und Unterstützung an unser Arbeitsrechtsteam in Deutschland oder an Ihren üblichen Ansprechpartner bei Orrick.

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