Energieeffizienz Im Gebäudesektor – Ein Überblick Über Die Gesetzlichen Massnahmen

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Neues Solarpaket der Bundesregierung, neue Emissionsreduktionsziele der EU-Kommission, Sanierungs- und Solarpflicht für Gebäudeeigentümer, klimaneutrales Heizen, CO2-Abgaben, etc. – der Gebäudesektor steht aufgrund seiner bedeutenden Rolle im Rahmen der Klimawende kontinuierlich in der nationalen und europäischen Diskussion. Welche nationalen und europäischen Regelungen Sie als Eigentümer von Bestandsimmobilien und Projektentwicklungen besonders beachten und im Blick haben müssen, fassen wir Ihnen im Folgenden zusammen:

1. EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden

Das Europäische Parlament hat die Neufassung der „Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“ (EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie) beschlossen, welche durch den Rat der Europäischen Union am 12. April 2024 förmlich angenommen wurde. Mit der in den nächsten Wochen zu erwartenden Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union tritt die EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie in Kraft. Die EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie enthält eine Reihe von Maßnahmen, welche die Mitgliedstaaten unterstützen, die Energieeffizienz von Gebäuden strukturell zu verbessern:

  • Die Reform sieht unter anderem vor, den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch bei Wohngebäuden schrittweise zu reduzieren: Bis zum Jahr 2030 um 16 %, bis zum Jahr 2035 um 20-22 %. Die erforderliche Energieeinsparung soll dabei mindestens in Höhe von 55 % durch die energetisch schlechtesten Wohngebäude erreicht werden. Für Nichtwohngebäude sollen ebenfalls Mindeststandards für die Gesamtenergieeffizienz eingeführt werden: Sanierungspflicht der energetisch schlechtesten 16 % des Bestandes bis 2030, der ineffizientesten 26 % des Bestandes bis 2033. Ausnahmen von den Verpflichtungen sind möglich. Das Erreichen der vorstehenden Vorgaben soll weitgehend in der Verantwortung der jeweiligen Mitgliedsstaaten liegen. Es ist daher die Umsetzung des deutschen Gesetzgebers abzuwarten.
  • Daneben verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten (somit mittelbar auch Gebäudeeigentümer), ab 2028 für alle neuen Gebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 1.000 m² bzw. ab 2030 für alle neuen Gebäude das Lebenszyklus-Treibhauspotenzial von Gebäuden zu ermitteln.
  • Schließlich sieht die Reform vor, dass der Einsatz geeigneter Solarenergieanlagen in neuen Gebäuden, öffentlichen Gebäuden und bestehenden Nichtwohngebäuden, die einer genehmigungspflichtigen Renovierungsmaßnahme unterzogen werden, sichergestellt wird – abhängig von unterschiedlichen Fristen und Schwellenwerten.

2. Gebäudeenergiegesetz

Mit der zweiten Novelle zum Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz – GEG), welche am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, soll der Umstieg auf klimafreundliche Heizungen eingeleitet und damit die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduziert werden.

Vor diesem Hintergrund muss seit dem 1. Januar 2024 grundsätzlich jede neu eingebaute Heizung zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden, wobei eine zeitliche Abstufung zwischen Neubauten und Bestandsgebäuden zu berücksichtigen ist: Die Regelung gilt unmittelbar für Neubauten in einem Neubaugebiet (maßgeblich ist der Zeitpunkt der Bauantragsstellung). Für Bestandsgebäude und Neubauten außerhalb von Neubaugebieten sind längere Übergangsfristen vorgesehen, um eine bessere Abstimmung der Investitionsentscheidung auf die kommunale Wärmeplanung zu ermöglichen.

Bestehende und funktionierende Gas- und Ölheizungen dürfen generell weiter betrieben werden – längstens bis Ende 2044. Das gilt auch bei einem Heizungsdefekt mit bestehender Reparaturmöglichkeit. Für den Fall des Heizungsaustausches aufgrund irreparabler Beschädigung oder Zerstörung gibt es mehrjährige Übergangsfristen: Bis zum Fristablauf für die kommunale Wärmeplanung (siehe hierzu Ziffer 3) dürfen neue Öl- und Gasheizungen weiterhin installiert werden, diese sind jedoch ab dem Jahr 2029 mit einem wachsenden Anteil an erneuerbaren Energien, wie Biogas oder Wasserstoff, zu betreiben. Besteht in einer Kommune dagegen bereits ein kommunaler Wärmeplan, ist der Einbau von Heizungen, die mit 65 % erneuerbarer Energie betrieben werden, verpflichtend. Nur in Härtefällen können Eigentümer von dieser Pflicht befreit werden.

Änderungen des GEG sind mit Blick auf die EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (siehe hierzu Ziffer 1) weiter im Blick zu halten.

Parallel zu der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes wurde für das Mietrecht eine neue Modernisierungsumlage gemäß § 559e Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eingeführt. Vermieter können seit dem 1. Januar 2024 eine Mieterhöhung verlangen, wenn eine Modernisierungsmaßnahme in Form des Einbaus oder der Aufstellung einer Heizungsanlage durchgeführt wurde, die den Vorgaben nach dem Gebäudeenergiegesetz entspricht. Zulässig ist eine Erhöhung der jährlichen Miete um 10 % der für die Wohnung aufgewendeten Kosten abzüglich der erhaltenen Drittmittel, sofern eine staatliche Förderung in Anspruch genommen wurde, im Übrigen um 8 %. Die neue Kappungsgrenze für die Erhöhung der monatlichen Miete von 0,50 EUR/m² innerhalb von sechs Jahren ist entsprechend zu berücksichtigen.

3. Wärmeplanungsgesetz

Gemeinsam mit den Änderungen zum GEG ist das Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz) am 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Ziel der kommunalen Wärmeplanung ist, sämtlichen Beteiligten Sicherheit darüber zu geben, ob und mit welcher zentralen Wärmeversorgung vor Ort gerechnet werden kann.

Die Vorgaben nach dem GEG sind für Eigentümer von Bestandgebäuden vor diesem Hintergrund erst verpflichtend, wenn eine kommunale Wärmeplanung nach dem Wärmeplanungsgesetz verbindlich aufgestellt ist. In Großstädten (Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohnern) soll bis zum 1. Januar 2026 eine kommunale Wärmeplanung vorliegen, in allen anderen Kommunen bis zum 30. Juni 2028. In kleineren Gemeinden (unter 10.000 Einwohner) kann – abhängig von der Entscheidung der Bundesländer – ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen werden.

Für den jeweiligen Wärmeplan erfolgt etwa eine Aufteilung des entsprechenden Gemeindegebiets in einzelne Bereiche, in denen am besten mit Fernwärme (zentrales, großflächiges Netz) oder durch ein Nahwärmenetz (dezentrales, kleines Netz in einzelnen Quartieren) geheizt werden kann oder wo auf individuelle Einzellösungen (wie Wärmepumpen, Biomassekessel) gesetzt werden muss.

4. CO2-Abgabe

Nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEGH) sind für den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) aus fossilen Brennstoffen in den Bereichen Verkehr und Wärme CO2-Abgaben zu entrichten. Seit dem 1. Januar 2024 beträgt der CO2-Preis 45 EUR pro Tonne ausgestoßenem CO2. Eine weitere Erhöhung auf 55 EUR pro Tonne ausgestoßenem CO2 soll im Jahr 2025 erfolgen. Die erhöhten Kosten sind seit dem 1. Januar 2023 unter anderem im Rahmen der verpflichtenden Aufteilung der Kosten für den Kohlendioxidausstoß eines Gebäudes nach dem Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz zwischen Mieter und Vermieter zu berücksichtigen – demnach erstmalig im Jahr 2024 für die Erstellung der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2023.

5. Solarenergie

Bislang bestehen gesetzliche Vorgaben zum Einbau von Photovoltaikanlagen oder Solarthermie auf Neu- und/oder Bestandsgebäuden nur – uneinheitlich – in einzelnen Kommunen oder Bundesländern (darunter Baden-Württemberg, Hamburg, Berlin, Bremen).

Eine bundeseinheitliche Solarpflicht für gewerbliche Neubauten ist im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung festgelegt, bei privaten Neubauten soll die Nutzung von Solarenergie „zur Regel“ werden. Daneben sieht die EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie eine Pflicht zum Einsatz geeigneter Solarenergieanlagen unter bestimmten Voraussetzungen vor (siehe hierzu Ziffer 1). Ein Tätigwerden des deutschen Gesetzgebers im Bereich der – wenn auch nur eingeschränkten – Solarpflicht ist vor diesem Hintergrund zu erwarten.

Zudem haben sich die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP jüngst auf ein Paket zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung (Solarpaket I) geeinigt, mit welchem unter anderem bürokratische Hürden für die Nutzung selbst erzeugtem Solarstrom abgebaut und die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung ermöglicht werden soll. Der Abschluss des entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens wird kurzfristig erwartet.

6. Heizkostenverordnung

Die Novelle der Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Heizkostenverordnung) – in Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie 2018/2002 (EU) – trat bereits am 1. Dezember 2021 in Kraft.

Die Heizkostenverordnung sieht seitdem unter anderem vor, dass bei der Neuinstallation von Messgeräten zur Verbrauchserfassung (Wärmezähler, Heizkostenverteiler) nur noch fernablesbare Messtechniken verwendet werden dürfen, ab dem 1. Dezember 2022 zusätzlich mit der Möglichkeit einer sicheren Anbindung an ein sog. Smart-Meter-Gateway (Kommunikationseinheit eines intelligenten Messsystems). Bis zum 31. Dezember 2026 müssen vorhandene, nicht fernablesbare Messgeräte mit der Funktion der Fernablesbarkeit nachgerüstet oder durch fernablesbare Geräte ersetzt werden. Eine Ausnahme gilt, „wenn dies im Einzelfall wegen besonderer Umstände technisch nicht möglich ist oder durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen würde“.

Vermieter von Gebäuden mit fernablesbaren Messtechniken müssen Mieter grundsätzlich ab dem 1. Januar 2022 monatlich über deren Energieverbrauch für Heizen und Warmwasser informieren. Ziel ist es, ein besseres Bewusstsein für den eigenen Verbrauch zu schaffen und eine zeitnahe Optimierung des Verbrauchsverhaltens vornehmen zu können. Kommen Vermieter ihrer Pflicht zur Installation fernablesbarer Ausstattung zur Verbrauchserfassung oder ihrer Informationspflicht nicht oder nicht vollständig nach, können Mieter ihren Abrechnungsanteil jeweils um 3 % kürzen.

Die neue EU-Energieeffizienz-Richtlinie 2023/1791 (EU), welche am 10. Oktober 2023 in Kraft getreten ist, sieht keine über die bereits in der aktuellen Heizkostenverordnung enthaltenen Vorgaben zur Verbrauchsdatenerfassung im nicht-öffentlichen Gebäudesektor vor, sodass insoweit auf dieser Basis keine weiteren gesetzlichen Änderungen zu erwarten sind.

7. Digitaler Gebäuderessourcenpass

Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung wurde die Einführung eines digitalen Gebäuderessourcenpasses mit dem Ziel angekündigt, auch im Gebäudebereich zu einer Kreislaufwirtschaft zu kommen. Eine nähre inhaltliche Konkretisierung des digitalen Gebäuderessourcenpasses ist im Rahmen des Koalitionsvertrages nicht erfolgt. Diesbezügliche Gesetzesinitiativen sind bislang weder erfolgt noch angekündigt. Unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat eigenständig einen digitalen Gebäuderessourcenpass entwickelt, in welchem die wesentlichen Informationen rund um den Ressourcenverbrauch, die Klimawirkung und die Kreislauffähigkeit transparent und individuell für jedes Gebäude angegeben werden sollen. Die Anwendung des digitalen Gebäuderessourcenpasses erfolgt freiwillig.

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