Das Landgericht Bonn hat am 11. November 2020 erstmals in einem Bußgeldverfahren ein Urteil erlassen:
„Die 9. Kammer für Bußgeldsachen des Landgerichts Bonn hat heute entschieden, dass das Bußgeld, welches der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) gegen einen Telekommunikationsdienstleister aufgrund eines Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verhängt hat, dem Grunde nach berechtigt, aber unangemessen hoch sei. Die Kammer hat das Bußgeld von ursprünglich 9,55 Millionen Euro daher auf 900.000 Euro herabgesetzt.“
Die vollständige Pressemitteilung des Landgerichts Bonn finden Sie hier. Die Meldung des BfDI zum Urteil können Sie hier nachlesen.
Das Urteil hat Auswirkungen für Unternehmen in Deutschland. Es zeigt, dass nicht nur Datenschutzbehörden, sondern auch Gerichte hohe Bußgelder angemessen finden. Richtigerweise ziehen Gerichte bei der Bußgeldbemessung schwerpunktmäßig nicht den Umsatz des Unternehmens heran, sondern bewerten die Umstände des einzelnen Verstoßes. Eine zu starke Berücksichtigung des Umsatzes wäre problematisch. Der Umsatz ist zwar für den Bußgeldrahmen und damit für die maximale Höhe des Bußgelds entscheidend. Bei den in der DSGVO genannten Kriterien für die Zumessung von Bußgeldern ist dieser aber gerade nicht genannt.
In dem vom Landgericht Bonn entschiedenen Fall wurden die Daten einer einzigen Person offengelegt. Hierfür sind 900.000 Euro immer noch ein sehr hohes Bußgeld. Überträgt man die Wertung des Gerichts auf Datenschutzverstöße, die eine Vielzahl von Personen betreffen, drohen Unternehmen künftig auch bei verhältnismäßig geringfügigen Datenschutzverstößen Bußgelder in abschreckende Höhe.
Die wirtschaftlichen Folgen solcher Urteile können noch weitreichender sein als das Bußgeld selbst. Immer öfter entscheiden sich betroffene Personen, nach Meldungen über Bußgelder oder nach Zeitungsberichten über tatsächliche oder vermeintliche Verstöße, Klagen auf immateriellen Schadensersatz zu erheben. Mit Art. 82 DSGVO hat die DSGVO ein neues Klagerecht eingeführt. Mittlerweile haben erste Gerichte Entscheidungen in solchen Verfahren gefällt. Manche Gerichte haben geltend gemachte Ansprüche abgewiesen. Andere haben Klägern in Einzelfällen 1.000 bis 5.000 Euro Schadensersatz wegen Datenschutzverstößen zugesprochen.
Weitere Einschätzungen zum Urteil können Sie in der Frankfurter Allgemeine Zeitung sowie im Handelsblatt lesen.
Weitere Beiträge zu Datenschutz und entsprechende Bußgeldbescheide und Urteile finden Sie zudem auch hier auf unserem Blog.