Management- und Mitarbeiterbeteiligungen sollen eine wirtschaftliche Teilhabe am Erfolg des Unternehmens vermitteln. Sie schaffen interest alignment mit den Gesellschaftern und bilden daher ein effektives Instrument zur Motivation und Bindung der Mitarbeiter. Daneben bieten sie ein attraktives Argument bei der Mitarbeitergewinnung im Wettbewerb um die besten Talente. Die Beteiligungsmodelle zielen zumeist auf eine echte oder synthetische Beteiligung am Eigenkapital des Unternehmens ab und können je nach Ausgestaltung auch eine gesellschaftsrechtliche Teilhabe vermitteln.
Aus steuerlicher Sicht ist bei der Wahl des Beteiligungsmodells darauf zu achten, dass der Zufluss eines steuerpflichtigen Vorteils bereits bei Ausgabe (dry income) oder erst bei späterer Realisation ausgelöst werden kann. Eng verknüpft mit der Frage des steuerlichen Zuflusszeitpunkts ist die Frage der steuerlichen Einordnung zukünftiger Wertsteigerungen als Lohn- oder (oftmals günstiger) Kapitaleinkünfte. Regelmäßig führen Beteiligungsmodelle mit Aufschub des Zuflusses bis zur Realisation zu steuerlich ungünstigen Lohneinkünften. Umgekehrt erfordert die Einbeziehung zukünftiger Wertsteigerungen als Kapitaleinkünfte regelmäßig die Lohnversteuerung eines Vorteils bei Ausgabe.
Der hierdurch entstehende steuerliche Interessengegensatz bei der Strukturierung des Beteiligungsmodells kann durch die Ausgabe sogenannter Hurdle Shares aufgelöst werden. Bei sorgfältiger Strukturierung der Hurdle Shares kann die Besteuerung zukünftiger Wertsteigerung bis zur Realisation aufgeschoben werden, ohne dass es zu einem Lohnzufluss bei Ausgabe kommt. Gleichzeitig bieten Beteiligungsmodelle mit Hurdle Shares die Möglichkeit, den Grad der gesellschaftsrechtlichen Teilhabe der Beteiligten flexibel zu strukturieren.
1. Hurdle Shares sind echte Gesellschaftsanteile und beteiligen an zukünftigen Wertsteigerungen
Hurdle Shares (auch Growth Shares oder Zero Shares) stellen eine echte gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der jeweiligen Gesellschaft dar. Bei unmittelbarer Ausgabe tritt der Beteiligte folglich mit allen Rechten und Pflichten eines echten Gesellschafters in die Gesellschaft ein, er sitzt ‚am Captable‘ und ist Partei des in der Regel zusätzlich geschlossenen Shareholders‘ Agreements. Hurdle Shares vermitteln Stimmrechte und gesellschaftsrechtliche Teilhabe.
Die Besonderheit liegt in der Ausgestaltung der wirtschaftlichen Beteiligung: Hurdle Shares werden bei der Verteilung von Erlösen (insbesondere im Fall eines Exit), aber auch bei Dividendenereignissen oder sonstigen Ausschüttungen erst ab einer betragsmäßig definierten Hürde (Hurdle oder Strike Price) wirtschaftlich beteiligt (sog. Wasserfall). Technisch erfolgt dies in dem die Anteile mit einer sogenannten negativen Liquidationspräferenz ausgestattet werden und erst nach Erreichen der Hurdle entsprechende Ansprüche auf Beteiligung an Erlösen vermitteln. Aus Sicht der Altgesellschafter bzw. Investoren setzt damit der durch die Ausgabe weiterer Beteiligungen einsetzende Verwässerungseffekt erst ab der Hurdle ein.
Hurdle Shares bilden bei Ihrer Ausgabe noch keine historisch aufgebauten Werte ab – diese verbleiben wirtschaftlich zunächst im Kreis der Altgesellschafter/Investoren. Sie werden daher in der Regel zu nominal und damit gegen relativ geringes Entgelt ausgegeben. Die Bestimmung der Hurdle, d.h. des als negative Liquidationspräferenz auf den Anteil zu projizierenden Unternehmenswertes, erfordert deshalb eine Bewertung des Unternehmens auf den Ausgabezeitpunkt. Die Ausgabe von Hurdle Shares bietet sich damit aus Effizienzgesichtspunkten insbesondere dann an, wenn anlässlich einer Transaktion bereits eine ausverhandelte Unternehmensbewertung vorliegt – also vor allem im Zusammenhang mit (Venture Capital) Finanzierungsrunden oder als Beteiligungsinstrument des Erwerbers nach Vollzug einer Transaktion.
Die Ausgestaltung als echte gesellschaftsrechtliche Beteiligung mit echten Teilhaberechten und die zumindest die bei GmbHs erforderliche Einschaltung eines Notars bedingen, dass eine Direktbeteiligung mit Hurdle Shares oftmals nur für einen kleinen, ausgesuchten Kreis von Managern (Top Level Management) geeignet ist. Investoren wollen den Kreis der Gesellschafter regelmäßig möglichst überschaubar halten und Komplexitäten reduzieren.
Auch für die Beteiligung einer größeren Mitarbeiterzahl können Hurdle Shares interessant sein. Vorzugswürdig ist hier regelmäßig eine mittelbare Beteiligung der Mitarbeiter über ein zwischengeschaltetes Pooling-Vehikel, üblicherweise in Form einer (steuerlich transparenten) GmbH & Co. KG. Der unmittelbare Gesellschafterkreis an der Gesellschaft wird in diesem Fall nur um die GmbH & Co. KG erweitert. Die Beteiligten werden ihrerseits Kommanditisten der GmbH & Co. KG. Die mittelbare gesellschaftsrechtliche Teilhabe der Beteiligten an der Gesellschaft selbst (z.B. Stimmrechtsausübung) kann damit innerhalb der GmbH & Co. KG flexibel gestaltet werden.
2. Steuerliche Behandlung der Rückflüsse aus Wertsteigerungen als Kapitaleinkünfte
Hurdle Shares bieten strukturell eine Beteiligung an den zukünftigen, nicht jedoch den bereits gebildeten Wertsteigerungen der Gesellschaft. Im Zeitpunkt der Ausgabe erfolgt somit keine Wertverschiebung auf den Beteiligten. Folglich sollte den Beteiligten auch kein lohnsteuerrelevanter Vorteil zufließen. Die der Ausgabe der Hurdle Shares zugrunde gelegte Bewertung und somit die Definition der „Hurdle“ sollte gegenüber dem Finanzamt durch einen geeigneten Nachweis dokumentiert werden (z.B. Wertgutachten oder eine Dritttransaktion), um das Risiko einer Nacherhebung von Lohnsteuer zu reduzieren.
Rückflüsse auf Hurdle Shares (Ausschüttungen oder Veräußerungsgewinne) wären bei den Beteiligten als Kapitaleinkünfte zu erfassen. Die konkrete steuerliche Behandlung ist dabei individuell für die Beteiligten zu bestimmen. Das Ergebnis ist jedoch üblicherweise günstiger als die Besteuerung von Lohneinkünften (bis zu ca. 50 %):
- Sind die Kapitaleinkünfte natürlichen Personen zuzurechnen, erfolgt die Besteuerung mit dem Abgeltungsteuertarif bzw. im Teileinkünfteverfahren, so dass regelmäßig eine Belastung von unter 30 % erreicht wird.
- Erfolgt die Beteiligung mittelbar über eine Kapitalgesellschaft, könnten zudem zumindest Veräußerungsgewinne im Anwendungsbereich des § 8b KStG zu 95% steuerfrei realisiert werden.
Beteiligungsmodelle mit Hurdle Shares waren bislang noch nicht Gegenstand finanzgerichtlicher Rechtsprechung. Die konkrete steuerliche Behandlung sollte deshalb vorab mit dem zuständigen Finanzamt durch Einholung einer Lohnsteueranrufungsauskunft abgestimmt werden.
3. Fazit
Hurdle Shares sind eine attraktive Alternative zu klassischen echten oder virtuellen Beteiligungsmodellen, da sie einerseits keinen sofortigen Lohnzufluss auslösen und andererseits zukünftige Wertsteigerungen steuerlich tarifbegünstigt als Kapitaleinkünfte realisiert werden können.
Über ein zwischengeschaltetes Pooling Vehikel und eine flexible vertragliche Gestaltung eignen sich Hurdle Shares auch zur (mittelbaren) Beteiligung einer größeren Anzahl von Mitarbeitern.
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