REAL ESTATE UPDATE: Verordnungen zur Sicherung der Energieversorgung

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ZUSAMMENFASSUNG UND FAQS FÜR GEWERBLICHE VERMIETER UND MIETER

Anlässlich der weltpolitischen Entwicklungen hat die Bundesregierung zwei Verordnungen zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (“EnSikuMaV”) und über mittelfristig wirksame Maßnahmen (“EnSimiMaV”) für den Gebäudebereich erlassen, welche teils erhebliche Auswirkungen auf Eigentümer und Mieter von Gewerbeimmobilien haben.

WEITERE INFORMATIONEN

I. EnSikuMaV | Ladentüren und Eingangssysteme im Einzelhandel, Nutzungseinschränkungen für beleuchtete Werbeanlagen und Mindesttemperaturen in Arbeitsräumen | Geltung vom 1. September 2022 bis 28. Februar 2023

  • Im Einzelhandel ist das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen, bei deren Öffnung ein Verlust von Heizwärme auftritt, d.h. Wärme aus dem beheizten Geschäftsraum unkontrolliert entweicht, untersagt. Ein dauerhaftes Offenhalten liegt dann vor, wenn die Ladentür bzw. das Eingangssystem nicht lediglich anlässlich des Durchganges von Personen geöffnet wird, sondern ohne Anlass offensteht. Eine Ausnahme gilt nur, wenn das Offenhalten für eine effektive Nutzung als Fluchtweg erforderlich ist.
  • Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr des Folgetages untersagt. Nur wenn die Beleuchtung der Vermeidung von technischen Schäden, der Verkehrssicherheit (z.B. bei der Beleuchtung von geöffneten Tankstellen) oder Abwehr anderer Gefahren dient und nicht kurzfristig anderweitig ersetzbar ist (was beispielsweise bei beleuchteten Werbeträgern an Haltepunkten oder Bahnunterführungen der Fall sein kann), darf diese in dem Verbotszeitraum betrieben werden. Weiterhin zulässig sind beleuchtete Werbeanlagen während der Öffnungszeiten, die auf ein Gewerbe oder einen Beruf am selben Ort hinweisen (z.B. beleuchtete Namenszüge eines Geschäfts oder eines Hotels über dem Eingang) sowie während Sport- und Kulturveranstaltungen.
  • Schließlich werden für Arbeitsräume in allen Arbeitsstätten in Nichtwohngebäuden, die nicht im Eigentum oder in der Nutzung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen, die Mindesttemperaturwerte neu festgelegt. Die Mindesttemperaturwerte variieren – je nach Art der in der betreffenden Räumlichkeit ausgeführten Tätigkeit – zwischen 12 bis 19 Grad Celsius und unterschreiten insofern die in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten festgelegten Werte in der Regel um einen Grad. Infolgedessen dürfen beispielsweise Büroarbeitsplätze bei leichter Arbeitsschwere mit einer Temperatur von 19 Grad Celsius anstelle von 20 Grad Celsius betrieben werden. Es handelt sich allerdings um Mindesttemperaturen, die – anders als bei Arbeitsräumen in öffentlichen Nichtwohngebäuden – überschritten werden dürfen. Für Arbeitsräume in öffentlichen Nichtwohngebäuden gelten die in § 6 Abs. 1 EnSikuMaV festgelegten Lufttemperaturen grundsätzlich als Höchstwerte.

II. EnSimiMaV | Heizungsprüfung und -optimierung | Steigerung der Energieeffizienz| Geltung vom 1. Oktober 2022 bis 30. September 2024.

  • Eigentümer von Gebäuden, deren Heizung oder Warmwasserbereitung auf dem Einsatz von Erdgas beruht, müssen bis zum 15. September 2024 eine Heizungsprüfung durch fachkundige Personen (z.B. Schornsteinfeger, Heizungsbauer oder Energieberater) und ggfs. eine Optimierung der Heizungssysteme durchführen lassen. Das Ergebnis der Heizungsprüfung ist zu dokumentieren. Dies gilt nicht für Anlagen, die in ein Energie- oder Umweltmanagementsystem oder ein standardisiertes Gebäudeautomationssystem eingebunden sind sowie für Anlagen, denen in den letzten beiden Jahren vor dem 1. Oktober 2020 bereits eine Prüfung durchgeführt und kein weiterer Optimierungsbedarf festgestellt wurde. Gaszentralheizungssysteme in größeren Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten und in Nichtwohngebäuden ab 1.000 m² beheizter Fläche sind bis zum 30. September 2023 hydraulisch abzugleichen, soweit ein hydraulischer Abgleich sinnvoll und möglich ist.
  • Unternehmen mit einem Energieverbrauch von mehr als 10 Gigawattstunden im Jahresdurchschnitt der letzten drei Jahre (die Verordnungsbegründung geht insoweit von ca. 2.200 betroffenen Unternehmen aus) sind verpflichtet, Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, die im Rahmen von Energie- und Umweltmanagementsystemen sowie Energieaudits identifiziert und als wirtschaftlich durchführbar bewertet wurden, unverzüglich (spätestens innerhalb von 18 Monaten) umzusetzen. Dazu zählen beispielsweise das Ersetzen von Beleuchtungen durch LEDs oder die Optimierung von Arbeitsabläufen. Die tatsächliche Umsetzung ist durch einen unabhängigen Dritten zu überprüfen.

III. FAQs

1. Besteht eine Umbaupflicht, wenn die Ladentür bzw. das Eingangssystem so ausgelegt ist, dass ein Wechsel von der geöffneten zu der geschlossenen Position nicht ohne weiteres möglich ist?

Wahrscheinlich ja. Im normalen Geschäftsbetrieb muss ein dauerhaftes Offenhalten unterbunden werden und die Ladentür so beschaffen sein, dass ein Wärmeaustritt nur zu dem Zeitpunkt erfolgt, in dem Personen den Durchgang passieren. Lediglich wenn die Ladentür zugleich als Notausgang oder Fluchtweg dient und die effektive Nutzung ein dauerhaftes Offenhalten erfordert (z.B. bei Verkaufsaktionen in größeren Einkaufszentren, wenn sich eine überdurchschnittliche Anzahl an Personen im Gebäude aufhält) ist ein dauerhaftes Offenhalten erlaubt. Da keine weiteren Ausnahmen in der EnSikuMaV vorgesehen sind, ist nach dem Verordnungstext wohl davon auszugehen, dass ein Umbau erforderlich ist, wenn die Ladentür so konzipiert ist, dass sie auch beim Nichtpassieren von Personen geöffnet ist und keine Schließung nach dem Durchgang erfolgen kann.

Vor dem Hintergrund der verhältnismäßig kurzen Geltungsdauer der EnSikuMaV bis zum 28. Februar 2023 erscheint das Fehlen weiterer Ausnahmen, z.B. für Ladentüren und Eingangssysteme, die nicht kurzfristig mit zumutbaren Aufwand entsprechend umgerüstet werden können, fragwürdig. Bei der Bewertung des Erfüllungsaufwandes für die Wirtschaft geht die Verordnungsbegründung davon aus, dass das Verhindern eines dauerhaften Offenhaltens von Ladentüren nicht zu einem zusätzlichen Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft, sondern im Gegenteil zu erheblichen Einsparungen durch vermiedene Energiekosten führen würde. Jedenfalls soweit kostenintensive Umbaumaßnahmen an Ladentüren und Eingangssystem erforderlich sind, erscheint diese Begründung nicht abschließend schlüssig.

2. Wie sieht die Situation im Hinblick auf Ladengeschäfte in Einkaufszentren aus, die für den Publikumsverkehr nur über die beheizten Gemeinschaftsflächen der Einkaufszentren zugänglich sind?

Der Begriff der Ladentür bzw. des Eingangssystems wird in der EnSikuMaV nicht definiert. Sinn und Zweck der Verordnung ist jedoch, den unkontrollierten Verlust von Heizwärme aus Geschäftsräumen zu verhindern. Ein unkontrollierter Verlust von Heizwärme tritt regelmäßig dann nicht ein, wenn das gesamte Einkaufszentrum beheizt ist, so dass die Heizwärme aus dem Ladengeschäft nicht unkontrolliert entweicht. Insofern kann wohl argumentiert werden, dass das Verbot des dauerhaften Offenhaltens von Ladentüren nicht für Ladengeschäfte in beheizten Einkaufszentren gilt.

3. Gilt das Verbot des dauerhaften Offenhaltens auch dann, wenn die Heizwärme aus erneuerbaren Energien gewonnen wird?

Ja. Das übergeordnete Ziel der Verordnung liegt darin, unnötigen Energieverbrauch und eine Mangelsituation zu vermeiden oder bei ihrem Eintritt abzumildern. Anders als z.B. bei dem Verbot bestimmter Heizungsarten für private Schwimmbecken wird im Rahmen des Verbots des dauerhaften Offenhaltens von Ladentüren nicht zwischen der Quelle, aus der die Heizwärme gewonnen wird, differenziert. Somit sind auch Geschäftsräume, die unter dem Einsatz von erneuerbaren Energien beheizt werden, nicht von dem Verbot der dauerhaften Öffnung ausgenommen.

4. Ist ein Schaufenster eine beleuchtete Werbeanlage?

Was unter den Begriff Werbeanlage fällt, ergibt sich ebenfalls nicht aus der EnSikuMaV, sondern ist den Bauordnungen der Bundesländer zu entnehmen. In der Regel sind davon ortsfeste bauliche Anlagen umfasst, die der Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf ein Gewerbe oder einen Beruf dienen. Dazu zählen insbesondere Schilder, Beschriftungen, Bemalungen, Plakattafeln, Lichtwerbungen, Schaukästen sowie Säulen, Tafeln und Flächen, die für Zettelanschläge, Bogenanschläge oder Lichtwerbung bestimmt sind. Ob demnach auch ein Schaufenster eine Werbeanlage darstellt, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern ist anhand der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen Schaufensters zu beurteilen. So wird z.B. vertreten, dass Auslagen und Dekorationen in Schaufenstern und Schaukästen nicht als Werbeanlagen im Sinne des Bauordnungsrechts anzusehen sind. Etwas anderes soll gelten, wenn an den Schaufenstern z.B. Beschriftungen, Folien oder Schriftbänder angebracht sind. Des Weiteren sollen in Schaufenstern angebrachte Strahler mit Lauflichtschaltung, die nach außen gerichtet sind und auf das Geschäft aufmerksam machen sollen, im Allgemeinen als Werbeanlage und nicht lediglich als Schaufensterdekoration qualifizieren. Das übergeordnete Ziel der EnSikuMaV, den Energieverbrauch zu senken, spricht zudem für eine weite Auslegung des Begriffes der Werbeanlagen.

5. Darf während der Weihnachtszeit eine Weihnachtsbeleuchtung angebracht werden oder gibt es auch hierfür Einschränkungen?

Ja, eine Weihnachtsbeleuchtung, aber auch jede andere Beleuchtung nicht öffentlicher Gebäude ist – außer im Fall von beleuchteten Werbeanlagen – erlaubt. § 8 EnSikuMaV verbietet lediglich das Beleuchten von öffentlichen Nichtwohngebäuden und Baudenkmälern, wobei auch bei diesen eine kurzzeitige Beleuchtung anlässlich traditioneller und religiöser Feste, z.B. bei der Durchführung von Weihnachtsmärkten gestattet ist, selbst dann, wenn daraus eine Beleuchtung des Gebäudes/Denkmals resultiert.

6. Ist es dem Vermieter gestattet, einen etwaigen Mehraufwand im Rahmen der Umsetzung der Verordnungen auf den Mieter umzulegen?

In den beiden Verordnungen finden sich hierzu keine konkreten Regelungen. Ausgehend von dem Wortlaut der Verordnungen sowie den zugrundeliegenden Begründungen sind die betreffenden Umsetzungskosten von den Gebäudeeigentümern zu tragen. Mangels konkreter gesetzlicher Regelungen zur Umlegbarkeit dieser Kosten auf die betroffenen Mieter, richtet sich die Umlage derartiger Kosten im Rahmen der Neben- und Betriebskosten nach der betroffenen mietvertraglichen Regelung und im Regelfall der Betriebskostenverordnung. Insoweit ist eine Prüfung des jeweiligen Mietvertrages erforderlich.

7. Welche Folgen drohen bei einem Verstoß gegen die Maßnahmen der Verordnungen?

Die Verordnungen selbst enthalten keine Regelungen zu den Konsequenzen, die ein Verstoß mit sich bringt. Demnach finden die Vorschriften des allgemeinen öffentlichen Rechts Anwendung, so dass ordnungsbehördliche Maßnahmen wegen eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung erlassen werden können. Bei einer Zuwiderhandlung kann die zuständige Behörde zunächst die Einhaltung der Maßnahmen anordnen und ggfs. eine Frist dafür setzen. Kommt der Adressat der Ordnungsverfügung dieser nicht nach, kann die Anordnung vollstreckt werden, was entweder durch die Ersatzvornahme seitens der Behörde oder durch Verhängung eines Zwangsgeldes erfolgt.

8. Richten sich etwaige behördliche Zwangsmaßnahmen bei Verstößen gegen den Mieter oder den Vermieter?

Grundsätzlich steht es im Ermessen der Behörde, ob sie den Vermieter, als Zustandsstörer, oder den Mieter, als Handlungsstörer, in Anspruch nimmt, wobei die Behörde im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes grundsätzlich geeignete und angemessene Maßnahmen zu ergreifen hat, so dass im Hinblick auf das Offenhalten von Ladentüren und beleuchtete Werbeanlagen vermutlich gegen den Mieter und im Hinblick auf die Heizungsprüfung und -optimierung gegen den Vermieter vorzugehen sein wird.

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