White Collar & Compliance Academy 2021 - Die Zukunft

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Latham & Watkins LLPCompliance & Investigations im Jahr 2025

 „Wirksame Compliance erfordert ganzheitliche Ansätze.“

Was ist für die Themen „Compliance & Investigations“ im Jahr 2025 zu erwarten? Fünf Thesen von Prof. Dr. Thomas Grützner und Novartis-Vorstand Dr. Klaus Moosmayer*.

Von der EU-Hinweisgeberrichtlinie über das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) bis hin zum Lieferkettengesetz: Auf die Wirtschaft rollt eine Welle von neuen regulatorischen Anforderungen zu, die Entscheider*innen vor erhebliche Herausforderungen stellen. Zugleich hat die Corona-Krise die oftmals ohnehin bereits diffuse Erwartungshaltung gesetzlicher Anforderungen noch unübersichtlicher gemacht.

Wie gehen die Unternehmen mit diesen Herausforderungen um? Was muss, was wird sich in Sachen Compliance, Risiko- und Krisenmanagement ändern? Darüber haben Thomas Grützner und Klaus Moosmayer im Rahmen der „Virtual White Collar & Compliance Academy“ diskutiert – am Ende standen die folgenden fünf Thesen:

Erstens: Compliance, Risikomanagement und Ethik wachsen zusammen

Korruptionsprävention ist ein wichtiger, kann aber nicht der einzige Baustein eines Compliance-Management-Systems sein. Unternehmen müssen in Zukunft vermehrt ganzheitlich denken – und eine breit aufgestellte „Assurance“-Funktion mit integriertem Risikomanagement schaffen. Ein ganzheitlicher Ansatz vermeidet Insellösungen, die sich bisweilen widersprechen.

Verstärkt wird diese Notwendigkeit durch die zahlreichen neuen Gesetze, die aus „Soft Law“ im Laufe der Zeit harte rechtliche Vorgaben machen. Diese Entwicklung hin zu einer breit aufgestellten „Assurance“-Funktion ist weder abgeschlossen noch für Unternehmen einfach umzusetzen. Es wird jedoch zukünftig nicht mehr ausreichen, wenn sich verschiedene Abteilungen mit einzelnen Aspekten befassen – aber niemand einen Gesamtüberblick hat. Statt Erkenntnisse lediglich in Papierform zusammenzuführen, brauchen Unternehmen Strukturen aus einem Guss.

Zweitens: Transparentes Handeln gewinnt rasant an Bedeutung

Gesetzgeber, Regulierer und Investoren fordern immer entschiedener transparentes Handeln ein. Das gilt für die Auswirkungen unternehmerischer Aktivitäten auf das Klima genauso wie für die Einhaltung der Menschenrechte in Lieferketten und vieles mehr. Transparentes Handeln muss deshalb elementarer Bestandteil der Führungs- und Unternehmenskultur werden.

Die Compliance-Funktion kann hier eine zentrale Rolle einnehmen und Maßstäbe setzen. Um ihrer Bedeutung gerecht zu werden, muss sie allerdings auch selbst messbarer werden. Deshalb ist es wichtiger denn je, für eine adäquate Datenbasis zu sorgen und aussagekräftige Indikatoren für die Messbarkeit der Compliance-Bemühungen zu entwickeln.

Drittens: Die Compliance-Kompetenz in Aufsichtsräten wird steigen

Fachleute mit Compliance- und Krisenmanagement-Expertise sind (vor allem im Vergleich zu Finanz- und Bilanzexpert*innen) in vielen Aufsichtsräten unterrepräsentiert. Das dürfte sich angesichts wachsender Risiken zunehmend ändern. Denn es wird immer wichtiger, dass Überwachungsgremien fachlich wie persönlich in der Lage sind, Unternehmen in Krisensituationen, die durch Fehlverhalten hervorgerufen wurden, angemessen und richtig zu beaufsichtigen – und sie professionell zu begleiten.

„Aufsichtsräte brauchen mehr persönliche und fachliche Expertise in Sachen Compliance und Krisenmanagement“ (Thomas Grützner)

Viertens: Die 20er werden das Jahrzehnt der Whistleblower und Investigations-Abteilungen

Unternehmen werden in den nächsten Jahren noch stärker daran arbeiten, Hinweisgeber*innen zu ermutigen und maßgeschneiderte Kanäle für Meldungen bereitzustellen. Das ist nicht nur getrieben von regulatorischen Vorgaben wie der EU-Hinweisgeberrichtlinie, sondern auch von Mitarbeiterbefragungen. Denn sie zeigen immer wieder: Vielerorts ist die Angst vor negativen Konsequenzen für Hinweisgeber*innen noch immer groß – selbst in Unternehmen mit moderner Compliance-Kultur.

Zudem werden sich in Unternehmen eigene Expert*innen oder gar Abteilungen für „Internal Investigations“ durchsetzen, um mögliches Fehlverhalten der Mitarbeiter*innen zu überprüfen. Diese Expert*innen werden außerhalb der Revisionsabteilung angesiedelt sein und zumindest die für das Unternehmen mit den größten Risiken behafteten internen Untersuchungen maßgeblich mitsteuern.

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass interne Untersuchungen auch ressourcenschonend durchgeführt werden können: Auch interne Ermittlungen sind – je nach Risikoprofil der Vorwürfe und je nach Sachlage – jedenfalls bei Sachverhalten mit niedrigeren Risiken für das Unternehmen im Einzelfall „remote“ möglich.

Fünftens: Anwaltsprivileg und Beraterhaftung werden neu gedacht

Nach den jüngsten Skandalen dürften auch Unternehmensberater*innen, Wirtschaftsprüfer*innen und Kanzleien stärker in den Fokus rücken und deren Tätigkeiten im Zusammenhang mit der entsprechenden Krisensituation. Der Umstand, dass Compliance insgesamt ganzheitlicher gedacht werden wird, hat nicht nur die beschriebenen Auswirkungen auf den ganzheitlichen Ansatz von Compliance, Risikomanagement und Ethik in Unternehmen und die Professionalisierung der Aufsichtsräte. Ein ganzheitliches Verständnis von Compliance erfordert vielmehr auch, dass die Tätigkeit der genannten Berater*innen von Unternehmen und deren Arbeit bei der Analyse eines möglichen Fehlverhaltens genauer betrachtet werden. Sie werden von Unternehmen beauftragt, beraten und bezahlt. Die Überprüfung ihres Verhaltens auf eine etwaige Haftung gegenüber Unternehmen ist daher in Krisensituationen nur logisch.

Die zunehmende Internationalisierung rechtlicher Vorgaben und die Komplexität zu untersuchender (internationaler) Sachverhalte werden dazu führen, dass sich die gesetzlichen Grenzen des Anwaltsprivilegs in die Richtung eines „Attorney-Client-Privilege“ verschieben. Der Einzug, den interne Untersuchungen in die Tätigkeit von Unternehmen genommen haben, verdeutlicht dies. Wer hätte vor 15 Jahren schon gedacht, dass es einmal zu einer Diskussion um die Einführung gesetzlicher Vorgaben für interne Untersuchungen kommen könnte.

„Entscheider*innen müssen Compliance, Risikomanagement und Ethik zusammenführen.“ (Klaus Moosmayer)

*Dr. Klaus Moosmayer ist einer der führenden europäischen Compliance-Experten. Er arbeitete mehr als zehn Jahre bei Siemens, zuletzt als Chief Compliance Officer. Seit 2019 ist er Mitglied der Konzerngeschäftsleitung und Chief Ethics, Risk and Compliance Officer bei der Novartis AG.  

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