Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden. So lautet wörtlich die Pressemitteilung Nr. 61/14 zum Urteil des BAG vom 18. November 2014 – 9 AZR 584/13 -.
Die Arbeitgeberin hatte in dem vom BAG entschiedenen Fall einer bei ihr beschäftigten Zahnarzthelferin ein Arbeitszeugnis (Schlusszeugnis) erteilt, worin die Leistung der Arbeitnehmerin mit „zur vollen Zufriedenheit“ bewertet war. Die Arbeitnehmerin forderte, diese Beurteilung dahin zu ändern, dass ihre Leistungen „stets zur vollen Zufriedenheit“ erbracht worden seien. In zwei Instanzen war die Klägerin mit dieser Forderung erfolgreich. Die Gerichte stützten ihre Entscheidungen jeweils auf die Feststellung, die beklagte Arbeitgeberin habe nicht dargelegt, dass die geforderte Beurteilung unzutreffend sei. Damit wichen die Instanzgerichte von der grundsätzlichen Regel ab, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Erbringung einer besseren als befriedigenden Leistung beim Arbeitnehmer liegt. Zu dieser Änderung der Beweislastverteilung kam das Landesarbeitsgericht auf Grundlage seiner Ermittlung zur durchschnittlichen Leistungsbewertung in Arbeitszeugnissen im Tätigkeitsfeld der klagenden Arbeitnehmerin. Das LAG zog eine Studien heran, nach welcher beinahe 90 % der untersuchten Zeugnisse die Schlussnoten „gut“ oder „sehr gut“ aufgewiesen hätten. Eine solche Änderung der Darlegungs und Beweislast lehnte das BAG heute ab – und zwar auch für den Fall, dass die Ergebnisse der Studie zutreffen sollten. Für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast komme es nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an. Ansatzpunkt sei – so führt die Presemitteilung wörtlich aus – die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist. Im Übrigen könne nicht ausgeschlossen werden, dass in die Studie auch Gefälligkeitszeugnisse eingegangen seien. Solche aber gehen teilweise sehr weit über den Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO hinaus, welcher sich auf ein inhaltlich „wahres“ Zeugnis richtet.
Es bleibt somit dabei, dass
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ein Arbeitszeugnis im Rahmen der Zeugniswahrheit wohlwollend sein muss und hierbei aber
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den Arbeitgeber nur dann die Darlegungs- und Beweislast trifft, wenn er Leistungen mit einer schlechteren Note als einem “Befriedigend” meint beurteilen zu müssen.
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